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Masterarbeit: Der pastorale Leiter als Prophet (Arnold Köster)

Meine Masterarbeit aus dem Jahr 2018 im pdf-Format. Auch als Buch erhältlich, z. B. bei Amazon.

Der pastorale Leiter als Prophet
Der Baptistenpastor Arnold Köster (1896–1960) im Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Diese Arbeit handelt über das Leben und Leitungshandeln des Baptistenpredigers Arnold Köster (1896–1960). Er gilt als einer der kontinuierlichsten und schärfsten NS-Kritiker im Deutschen Reich. Während des „Dritten Reiches“ verkündigte er prophetisch das Wort Gottes und leitete so seine Wiener Gemeinde und stellte gleichzeitig das NS-Regime in Frage.
Die Arbeit enthält eine komplette Leitungsbiographie Kösters. Erstmalig liegt ein Gesamtbild von Kösters Prophetieverständnis vor, das mit neueren Entwürfen prophetischer und pastoraler Leitung ins Gespräch gebracht wird. Anhand von Zitaten aus seinen Predigten wird deutlich, dass Köster der ganzen Gemeinde das prophetische Amt zuwies, aber die Bezeichnung Prophet für sich selbst ablehnte (Köster-Paradoxon).
Köster wird besonders im Kontext seiner baptistischen Freikirche und ihrem Verhalten in der NS-Zeit betrachtet. Im Kontrast wird deutlich, dass Köster mit seiner Ortsgemeinde kirchlich-prophetischen Widerstand leistete.
Schließlich wird herausgearbeitet, was heutige Leiter von Köster lernen können.

Schlüsselwörter
Baptisten, Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, Drittes Reich, Leitung, Nationalsozialismus, Pastor, Prediger, Prophet, Verkündigung, Widerstand

The Pastoral Leader as a Prophet
The Baptist Pastor Arnold Köster (1896–1960) in Opposition to the Nazis

This thesis is about the life and leadership of the Baptist preacher Arnold Köster (1896–1960). He is considered one of the sharpest and steadiest NS critics in the Third Reich. During the Third Reich he prophetically proclaimed the word of God while leading his church in Vienna and, at the same time, questioning the Nazi regime.
The work contains a complete account of Köster’s leadership. It presents, for the first time ever, an overall picture of Köster’s understanding of prophecy and discusses more recent models of prophetic-pastoral leadership. Based on quotations from his sermons, it becomes clear that Köster assigned the prophetic office to the entire congregation, but rejected the term “prophet” for himself (Köster’s paradox).
The emphasis here is on Köster in the context of the German Baptist Union and its conduct during the Nazi era. By way of contrast, it is clear that Köster, along with his local fellowship, put up resistance on the subject of church-prophecy.
Finally, with the matter of what today’s leaders can learn from Köster is addressed.

Keywords
Baptists, Union of Evangelical Free Churches, Third Reich, Leadership, National Socialism, Pastor, Prophet, Preacher, Preaching, Resistance

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Alles Andere Glaube/Nachfolge Gute Zitate

Gutes Zitat Nr. 51: Arnold Köster

Köster 1922, Ausschnitt aus Archivbild BKö F003-1 K1, EFG Köln Rheinaustraße

„Im Seminar stellte mich ein junger Bruder einmal, ich antworte ihm: ‚ich sehe dich im Augenblick im Christus Jesus‘ – er war befriedigt, ob er das ganz verstanden hat, weiß ich nicht, – aber anders wäre ich mit ihm nicht fertig geworden, als nut (sic!) von dieser Schau her.“

Arnold Köster in einer Predigt am 28.03.1943 über den 2. Korintherbrief. Mit dem Seminar meinte er das Ausbildungsseminar für Prediger der Baptistengemeinden in Hamburg.

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BEFG Kirche/Gemeinde Rezensionen

Rezension: Der Streit über den Weg der Baptisten im Nationalsozialismus (Roland Fleischer)

Im Zuge meiner Masterarbeit habe ich einige Bücher gelesen, die die freikirchliche Geschichte der Baptisten- und Brüdergemeinden in der NS-Zeit aufarbeiten.

Fleischer, Roland 2014. Der Streit über den Weg der Baptisten im Nationalsozialismus.Fleischer, Roland 2014. Der Streit über den Weg der Baptisten im Nationalsozialismus. Jacob Köbberlings Auseinandersetzung mit Paul Schmidt zu Oxford 1937 und Velbert 1946. Baptismus-Dokumentation 4. Elstal: Oncken-Archiv.

In Fleischers Buch geht es um die Beurteilung der baptistischen, bzw. später evangelisch-freikirchlichen Haltung zum NS-Staat. Sie wird dokumentiert anhand der Auseinandersetzung zwischen dem baptistischen Arzt und Gemeindemitglied Jacob Köbberling und dem damaligen Bundesdirektor Paul Schmidt und weiteren führenden BEFG-Persönlichkeiten.

Grundsätzlich wird durch die Veröffentlichung Fleischers deutlich, dass es im BEFG einzelne Stimmen gab, die ein alternatives und radikaleres Auftreten gegenüber dem NS-Staat für richtiger hielten und eine Solidarisierung mit der Bekennenden Kirche forderten, im Gegensatz zur Anpassungsstrategie der damaligen Leitungsverantwortlichen im BEFG.

Schon 1937 kritisiert Köbberling scharf das Auftreten von Schmidt auf der Weltkirchenkonferenz im englischen Oxford, an der Schmidt und der methodistische Bischof Melle als Vertreter der Vereinigung ev. Freikirchen teilnahmen. Sie waren damit die einzigen deutschen Kirchenvertreter auf der Konferenz. Die Vertreter der Ev. Kirchen erhielten vom Staat aufgrund der „Kirchenkampf“-Situation ein Reiseverbot. Schmidt und Mello kritisieren öffentlich Teile einer solidarischen Stellungnahme der Kirchenkonferenz zur Situation der Kirche in Deutschland.

Köbberling verfasst eine Stellungnahme und übt am Auftreten von Schmidt und Melle scharfe Kritik. Die darauf entstandene Korrespondenz wird von Fleischer dokumentiert.

Auf der ersten Bundeskonferenz nach dem Krieg 1946 rechtfertigte Bundesdirektor Paul Schmidt seine Haltung gegenüber dem NS-Regime im offiziellen Bericht „Unser Weg“. In diesem Bericht wird deutlich, dass die Bundesleitung dem NS-Staat so lange ohne offenen Widerstand begegnet ist, weil dieser nicht die Verkündigung des Evangeliums einschränkte. Hier wäre dann eine Grenze erreicht gewesen. Außerdem wird im Bericht der Zusammenschluss von Baptisten- und Brüdergemeinden nicht als von außen aufgedrückte Entscheidung gedeutet, sondern aus dem Gedanken der Einheit heraus begründet. Ebenso betonte Schmidt, dass dem BEFG die zersplitterte Situation der Deutschen Evangelischen Kirche vs. Bekennender Kirche erspart geblieben sei. Er lehnte auch ein Schuldeingeständnis als Kirche ab. Ein Wort zur Situation der Juden im NS-Staat ersparte sich Schmidt ebenfalls.

Köbberling kritisiert diesen Bericht in einer Gegenschrift an die Bundesleitung, die erst 2014 veröffentlicht wurde. Er betrachtet den Weg des BEFG als fragwürdig, würdigt die Bekennende Kirche und betrachtet die Vereinigung von Brüder und Baptisten als noch auf viel zu schwacher Grundlage stehend und macht das z.B. an dem Glaubensbekenntnis des BEFG von 1944 (Wiedenest) deutlich. Auch mahnt er an, die Schuldfrage zu klären. Die daraus entstandene Korrespondenz wird ebenfalls dokumentiert.

Weiter wird das Glaubensbekenntnis des BEFG von 1944 dokumentiert, mit den kritischen Stellungnahmen Rufus Flügge und Köbberling.

Der Anhang rundet die Ausführungen mit einer Kurzbiografie von Köbberling und Schmidt ab, sowie mit einem Zeitzeugeninterview mit Köbberling 2001 und einem Bericht über ein Podiumsgespräch mit Köbberling 1989.

Damit ist dieses Buch ein wichtiger Beitrag zur freikirchlichen Geschichte im Nationalsozialismus.

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BEFG Rezensionen

Zusammenfassung, Rezension: Baptisten in der Weimarer Republik (Manfred Stedtler)

Im Zuge meiner Masterarbeit habe ich einige Bücher gelesen, die die freikirchliche Geschichte der Baptisten- und Brüdergemeinden in der NS-Zeit aufarbeiten.

Baptisten in der Weimarer RepublikStedtler, Manfred 2015. Baptisten in der Weimarer Republik. Ihre Gedanken zu Politik und Gesellschaft. Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft.

Manfred Stedtler zeigt in seinem 2015 erschienenen Buch „Baptisten in der Weimarer Republik“ umfassend das Denken und Fühlen (Mentalität) des offiziellen Baptismus in der Zeit zwischen 1918 – 1933 auf. Anhand von Artikeln aus der Zeitschrift „Der Wahrheitszeuge“ (WZ) zeichnet er ein gesellschaftliches Portrait der deutschen Baptisten und entfaltet „ihre Gedanken zu Politik und Gesellschaft“. Er konstatiert: „Es ist wiederholt festgestellt worden, dass sich der Baptistenbund (wie viele andere Freikirchen auch) im Dritten Reich stark anpasste, die nationalsozialistische Regierung sogar im Ausland verteidigte und dass nur wenige Beispiele regimekritischen oder gar widerständigen Verhältnis aus den Reihen der Baptisten bekannt sind“ (:7).

Auch wenn Hitler schwer zu durchschauen war stellt sich für ihn die Frage, woran diese passive Haltung lag. Waren es die Grundzüge baptistischer Theologie? Oder die Unzufriedenheit mit der Weimarer Republik? Er verweist dann auf Andreas Strübind, die drei Grundentscheidungen im deutschen Baptismus nennt, welche die Einstellung zum Staat geprägt hatten: Biblizismus, Zwei-Reiche-Lehre und ein eschatologisches Geschichtsbild. Dagegen sieht Uwe A. Gieske den Grund eher in der deutschnationalen Einstellung, dem Deutschtum der Baptisten und nicht in ihrer Theologie. Stedtler möchte in seiner Untersuchung überprüfen, ob wirklich – wie Strübind behauptet – der Biblizismus die Ursache der passiven politischen Haltung war. (:9).

Nach der Einleitung legt Stedtler in Kapitel 1 seine Forschungsmethode dar. Er betreibt Mentalitätsgeschichtsforschung. … mehr in der angehängten PDF-Datei.

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Alles Andere Glaube/Nachfolge Kirche/Gemeinde Leitung Rezensionen Verkündigung/Predigt

Gastbeitrag von Ulrich Müller: Verbeugung vor Arnold Köster

Ein Gastbeitrag von Ulrich Müller:

13. November 1933 im Berliner Sportpalast: Auf einer Versammlung der „Deutschen Christen“ fordert Gauobmann Reinhold Krause vor etwa 20.000 Zuhörern, das gesamte Alte Testament aus der Kirche zu verbannen. 500 Kilometer weiter südlich lebt und arbeitet dagegen ein Mann, der den ersten Teil der Bibel als hochaktuelle Lektüre empfindet. Gerade die prophetischen Schriften des Alten Testaments sind für ihn konkretes Wort des lebendigen Gottes in die aktuelle Zeit hinein. Dieses Reden Gottes schenkt ihm Orientierung und hilft ihm lange vor dem Anschluss Österreichs, die vom Nationalsozialismus vergiftete Epoche richtig einzuordnen und mit öffentlich geäußerter Kritik die ihm anvertrauten Menschen auf Kurs zu halten. So etwas nennt man die Gleichzeitigkeit des Ungleichen.

Der beherzte Kritiker des Nationalsozialismus war der Wiener Baptistenpastor Arnold Köster (1896-1960); ein Mann, der „prophetischen Widerstand“ lebte. Veit Claesberg, Pastoralreferent der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Wiedenest, hat diesen immer noch weitgehend unbekannten Widerständler zum Gegenstand seiner Abschlussarbeit in Christian Leadership gemacht. Für Die Gemeinde 10/2019 habe ich mich auf einer Seite mit seinem Buch „Der pastorale Leiter als Prophet“ auseinandergesetzt.

Vom prophetischen Wort der Bibel her abgeleitet – meist in typologischer Auslegung – entlarvte Köster öffentlich in Predigten und Artikeln den nationalsozialistisch dominierten Zeitgeist. Deutlich prangerte er etwa die Judenverfolgung an. Kösters Widerstand blieb nicht nur bei Worten: Wie selbstverständlich taufte er auch Juden und schenkte ihnen in der Wiener Gemeinde Heimat. In der Gemeinde akzeptiert er weder Parteiabzeichen noch Judenstern. Mehrere Gestapo-Verhöre waren die Folge dieses Widerstands.

Der pastorale Leiter als Prophet, Rezension, Arnold KösterClaesberg arbeitet sehr überzeugend heraus, wie Köster unter risikoreichen Bedingungen prophetisches Leitungshandeln lebte. Er konnte seine Gemeinde durch die Auslegung von prophetischen Texten und anhand biblischer Orientierungsmaßstäbe durch schwierige Zeiten steuern. Damit ist Köster ein Vorbild für heutige Verantwortungsträger. Veit Claesbergs Buch ordnet Kösters Handeln nachvollziehbar aus seinem Bibel- und Leitungsverständnis ab und kontrastiert sein Verhalten mit dem Kurs des „offiziellen“ Baptismus, dem die Maßstäbe damals leider etwas verrutschten – was Kösters Haltung umso beeindruckender macht.

Es stimmt nachdenklich, anhand von Claesbergs Analysen nachvollziehen zu können, wie die Bibelkenntnis bei Köster zu einer Einordnungskompetenz führt: „Das prophetische Wort […] bewahrt mich davor, meine Hoffnung auf Erlösungsprogramme irdischer Größen zu setzen“. Köster wirkt im Rückblick tatsächlich, Claesberg bringt es treffend auf den Punkt, selbst wie ein alttestamentlicher Prophet. Nach Stalingrad kommt es ihm auch so vor, als sitze er wie Jeremia „auf den Trümmern Jerusalems“.

Die Lektüre von Claesbergs Buch lohnt sich insbesondere für Leiter. Kösters Beispiel motiviert, Gottes zeitgebunden gesprochenes Wort mutig und konkret auch auf aktuelle Situationen anzuwenden. Claesberg macht klugerweise aber auch die Gefahren allzu naiver Übertragung biblischer Texte in das Hier und Jetzt deutlich.

Hier die technischen Daten: Veit Claesberg: Der pastorale Leiter als Prophet: Der Baptistenpastor Arnold Köster (1896-1960) im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Baptismus-Dokumentation Band 8, herausgegeben vom Oncken-Archiv Elstal, Norderstedt 2018.  ISBN: 9783748117155, Paperback, 276 Seiten, 9,90 €

Quelle: http://ulrichmueller.blogspot.com/2019/05/verbeugung-vor-arnold-koster.html