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BEFG Kirche/Gemeinde Rezensionen

Rezension: Schuldbekenntnisse aus dem Bund Ev.-Freikirchlicher Gemeinden und anderen Kirchen in Deutschland nach 1945

Im Zuge meiner Masterarbeit habe ich einige Bücher gelesen, die die freikirchliche Geschichte der Baptisten- und Brüdergemeinden in der NS-Zeit aufarbeiten.

Szobries, Heinz, 2013, Schuldbekenntnisse aus dem Bund Ev.-Freikirchlicher Gemeinden und anderen Kirchen in Deutschland nach 1945, Oncken-Archiv Elstal 2013, Baptismus-Dokumentation 3

In diesem Buch geht es um die Frage nach einem Schuldbekenntnis zum Verhalten im Nationalsozialismus seitens des BEFG. Grundsätzliches dazu findet sich am Anfang des Buches, bis Seite 32.

Das Buch enthält einen sehr umfangreichen Dokumentationsteil ab Seite 33-82 aus den Reihen des BEFG und ab Seite 83f aus anderen Kirchen.

Der Autor zeigt auf, dass in den Anfangsjahren ein Schuldbekenntnis strikt abgelehnt wurde. Es gab aber auch einzelne Vorschläge und Gegenmeinungen, die – soweit bekannt – aufgeführt werden. Ein echtes Schuldbekenntnis, das als Erklärung herausgegeben wurde, aber als Schuldbekenntnis anzusehen ist und auch so aufgefasst wurde, gab es erst 1984 auf der EBF-Tagung und wird  „Hamburger Schuldbekenntnis“ (:65) genannt. Die Arbeitsgemeinschaft der Brüdergemeinden gab erst 1995 ein sehr klares, eigenes Schuldbekenntnis heraus.

Fazit: eine wichtige Zusammenstellung zum Thema Schuldbekenntnisse zum Nationalsozialismus innerhalb der freikirchlichen Szene, vor allem der des BEFG.

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BEFG Kirche/Gemeinde Rezensionen

Rezension: Der Streit über den Weg der Baptisten im Nationalsozialismus (Roland Fleischer)

Im Zuge meiner Masterarbeit habe ich einige Bücher gelesen, die die freikirchliche Geschichte der Baptisten- und Brüdergemeinden in der NS-Zeit aufarbeiten.

Fleischer, Roland 2014. Der Streit über den Weg der Baptisten im Nationalsozialismus.Fleischer, Roland 2014. Der Streit über den Weg der Baptisten im Nationalsozialismus. Jacob Köbberlings Auseinandersetzung mit Paul Schmidt zu Oxford 1937 und Velbert 1946. Baptismus-Dokumentation 4. Elstal: Oncken-Archiv.

In Fleischers Buch geht es um die Beurteilung der baptistischen, bzw. später evangelisch-freikirchlichen Haltung zum NS-Staat. Sie wird dokumentiert anhand der Auseinandersetzung zwischen dem baptistischen Arzt und Gemeindemitglied Jacob Köbberling und dem damaligen Bundesdirektor Paul Schmidt und weiteren führenden BEFG-Persönlichkeiten.

Grundsätzlich wird durch die Veröffentlichung Fleischers deutlich, dass es im BEFG einzelne Stimmen gab, die ein alternatives und radikaleres Auftreten gegenüber dem NS-Staat für richtiger hielten und eine Solidarisierung mit der Bekennenden Kirche forderten, im Gegensatz zur Anpassungsstrategie der damaligen Leitungsverantwortlichen im BEFG.

Schon 1937 kritisiert Köbberling scharf das Auftreten von Schmidt auf der Weltkirchenkonferenz im englischen Oxford, an der Schmidt und der methodistische Bischof Melle als Vertreter der Vereinigung ev. Freikirchen teilnahmen. Sie waren damit die einzigen deutschen Kirchenvertreter auf der Konferenz. Die Vertreter der Ev. Kirchen erhielten vom Staat aufgrund der „Kirchenkampf“-Situation ein Reiseverbot. Schmidt und Mello kritisieren öffentlich Teile einer solidarischen Stellungnahme der Kirchenkonferenz zur Situation der Kirche in Deutschland.

Köbberling verfasst eine Stellungnahme und übt am Auftreten von Schmidt und Melle scharfe Kritik. Die darauf entstandene Korrespondenz wird von Fleischer dokumentiert.

Auf der ersten Bundeskonferenz nach dem Krieg 1946 rechtfertigte Bundesdirektor Paul Schmidt seine Haltung gegenüber dem NS-Regime im offiziellen Bericht „Unser Weg“. In diesem Bericht wird deutlich, dass die Bundesleitung dem NS-Staat so lange ohne offenen Widerstand begegnet ist, weil dieser nicht die Verkündigung des Evangeliums einschränkte. Hier wäre dann eine Grenze erreicht gewesen. Außerdem wird im Bericht der Zusammenschluss von Baptisten- und Brüdergemeinden nicht als von außen aufgedrückte Entscheidung gedeutet, sondern aus dem Gedanken der Einheit heraus begründet. Ebenso betonte Schmidt, dass dem BEFG die zersplitterte Situation der Deutschen Evangelischen Kirche vs. Bekennender Kirche erspart geblieben sei. Er lehnte auch ein Schuldeingeständnis als Kirche ab. Ein Wort zur Situation der Juden im NS-Staat ersparte sich Schmidt ebenfalls.

Köbberling kritisiert diesen Bericht in einer Gegenschrift an die Bundesleitung, die erst 2014 veröffentlicht wurde. Er betrachtet den Weg des BEFG als fragwürdig, würdigt die Bekennende Kirche und betrachtet die Vereinigung von Brüder und Baptisten als noch auf viel zu schwacher Grundlage stehend und macht das z.B. an dem Glaubensbekenntnis des BEFG von 1944 (Wiedenest) deutlich. Auch mahnt er an, die Schuldfrage zu klären. Die daraus entstandene Korrespondenz wird ebenfalls dokumentiert.

Weiter wird das Glaubensbekenntnis des BEFG von 1944 dokumentiert, mit den kritischen Stellungnahmen Rufus Flügge und Köbberling.

Der Anhang rundet die Ausführungen mit einer Kurzbiografie von Köbberling und Schmidt ab, sowie mit einem Zeitzeugeninterview mit Köbberling 2001 und einem Bericht über ein Podiumsgespräch mit Köbberling 1989.

Damit ist dieses Buch ein wichtiger Beitrag zur freikirchlichen Geschichte im Nationalsozialismus.

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Buchtipp: Mauerfall Deutsche Einheit – Gott sei Dank!

Mauerfall Deutsche Einheit – Gott sei Dank!, Frieder Seidel (Hg.), ca. 350 Seiten, ISBN 978-3-86716-184-8, Conception Seidel, 19,95 €

Dieses Jahr jährt sich der 30. Jahrestag zum Fall der Mauer. Nächstes Jahr feiern wir 30 Jahre Deutsche Wiedervereinigung. Anlass genug, ein gutes Buch über die damaligen Ereignisse herauszubringen und Dankbarkeit gegenüber Gott auszusprechen.
Frieder Seidel hat es als Herausgeber geschafft, viele verschiedene Autoren zusammenzubringen, die authentisch und individuell ihre Erlebnisse beschreiben und ihre Dankbarkeit über das Wunder der Freiheit und Einheit beschreiben.
Ich freue mich, dass ich auch einen Beitrag zusteuern durfte.

Das Buch kann z.B. hier erworben werden.

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Gastbeitrag von Ulrich Müller: Verbeugung vor Arnold Köster

Ein Gastbeitrag von Ulrich Müller:

13. November 1933 im Berliner Sportpalast: Auf einer Versammlung der „Deutschen Christen“ fordert Gauobmann Reinhold Krause vor etwa 20.000 Zuhörern, das gesamte Alte Testament aus der Kirche zu verbannen. 500 Kilometer weiter südlich lebt und arbeitet dagegen ein Mann, der den ersten Teil der Bibel als hochaktuelle Lektüre empfindet. Gerade die prophetischen Schriften des Alten Testaments sind für ihn konkretes Wort des lebendigen Gottes in die aktuelle Zeit hinein. Dieses Reden Gottes schenkt ihm Orientierung und hilft ihm lange vor dem Anschluss Österreichs, die vom Nationalsozialismus vergiftete Epoche richtig einzuordnen und mit öffentlich geäußerter Kritik die ihm anvertrauten Menschen auf Kurs zu halten. So etwas nennt man die Gleichzeitigkeit des Ungleichen.

Der beherzte Kritiker des Nationalsozialismus war der Wiener Baptistenpastor Arnold Köster (1896-1960); ein Mann, der „prophetischen Widerstand“ lebte. Veit Claesberg, Pastoralreferent der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Wiedenest, hat diesen immer noch weitgehend unbekannten Widerständler zum Gegenstand seiner Abschlussarbeit in Christian Leadership gemacht. Für Die Gemeinde 10/2019 habe ich mich auf einer Seite mit seinem Buch „Der pastorale Leiter als Prophet“ auseinandergesetzt.

Vom prophetischen Wort der Bibel her abgeleitet – meist in typologischer Auslegung – entlarvte Köster öffentlich in Predigten und Artikeln den nationalsozialistisch dominierten Zeitgeist. Deutlich prangerte er etwa die Judenverfolgung an. Kösters Widerstand blieb nicht nur bei Worten: Wie selbstverständlich taufte er auch Juden und schenkte ihnen in der Wiener Gemeinde Heimat. In der Gemeinde akzeptiert er weder Parteiabzeichen noch Judenstern. Mehrere Gestapo-Verhöre waren die Folge dieses Widerstands.

Der pastorale Leiter als Prophet, Rezension, Arnold KösterClaesberg arbeitet sehr überzeugend heraus, wie Köster unter risikoreichen Bedingungen prophetisches Leitungshandeln lebte. Er konnte seine Gemeinde durch die Auslegung von prophetischen Texten und anhand biblischer Orientierungsmaßstäbe durch schwierige Zeiten steuern. Damit ist Köster ein Vorbild für heutige Verantwortungsträger. Veit Claesbergs Buch ordnet Kösters Handeln nachvollziehbar aus seinem Bibel- und Leitungsverständnis ab und kontrastiert sein Verhalten mit dem Kurs des „offiziellen“ Baptismus, dem die Maßstäbe damals leider etwas verrutschten – was Kösters Haltung umso beeindruckender macht.

Es stimmt nachdenklich, anhand von Claesbergs Analysen nachvollziehen zu können, wie die Bibelkenntnis bei Köster zu einer Einordnungskompetenz führt: „Das prophetische Wort […] bewahrt mich davor, meine Hoffnung auf Erlösungsprogramme irdischer Größen zu setzen“. Köster wirkt im Rückblick tatsächlich, Claesberg bringt es treffend auf den Punkt, selbst wie ein alttestamentlicher Prophet. Nach Stalingrad kommt es ihm auch so vor, als sitze er wie Jeremia „auf den Trümmern Jerusalems“.

Die Lektüre von Claesbergs Buch lohnt sich insbesondere für Leiter. Kösters Beispiel motiviert, Gottes zeitgebunden gesprochenes Wort mutig und konkret auch auf aktuelle Situationen anzuwenden. Claesberg macht klugerweise aber auch die Gefahren allzu naiver Übertragung biblischer Texte in das Hier und Jetzt deutlich.

Hier die technischen Daten: Veit Claesberg: Der pastorale Leiter als Prophet: Der Baptistenpastor Arnold Köster (1896-1960) im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Baptismus-Dokumentation Band 8, herausgegeben vom Oncken-Archiv Elstal, Norderstedt 2018.  ISBN: 9783748117155, Paperback, 276 Seiten, 9,90 €

Quelle: http://ulrichmueller.blogspot.com/2019/05/verbeugung-vor-arnold-koster.html

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Gott sei Dank! 30 Jahre Wunder der Freiheit und Einheit

Gott sei Dank! 30 Jahre Wunder der Freiheit und EinheitAm 3. Oktober 2020 jährt sich die Wiedervereinigung Deutschlands zum 30ten Mal. Viele Christen in Deutschland sind der Meinung, dass die Wiedervereinigung ein Grund ist, dankbar zu sein. Deshalb gibt es die Initiative 3. Oktober – Gott sei Dank. Ich bin Teil des Beirats dieser Initiative, der sich Anfang Mai in Berlin getroffen hat.
Neben einer mehrtägigen Gebetswanderung entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze in 2019 (Flyer), ruft die Initiative alle Bürger auf, am Tag der Deutschen Einheit friedlich mit Kerzen und Gebet – wie vor 30 Jahren – auf die Marktplätze zu gehen, um ein Zeichen des Dankes und der Hoffnung zu setzen.

Hier gibt es den Flyer der Initiative und mit den geplanten Aktionen für 2019 und 2020: Flyer

Hier gibt es die Pressemitteilung zum Auftakttreffen der Initiative: Presseerklärung 7.5.2019

„30 Jahre Deutsche Einheit sind für mich ein echter Grund Gott dankbar zu sein. Denn Gott lenkt die Geschichte der Völker und der Fall der Mauer war ein Segen Gottes für unser Volk nach der jahrelangen Trennung. Aber es erinnert mich auch an die Verantwortung, die wir als deutsches Volk vor Gott haben. Mögen wir danach streben ihr in den Augen Gottes gerecht zu werden.“