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Rezension: Auf die Knie, fertig, los! – die andere Art zu leiten

cottrellCottrell, Stephen 2010, Auf die Knie, fertig, los! Die andere Art zu leiten, Neukirchen-Vluyn: Aussaat Verlag
96 Seiten / 4,5 von 5 Punkten  / 96 Seiten / 8,90€

Stephen Cottrell, Bischof der Anglikanischen Kirchen von England, schreibt ein kleines, kompaktes und sehr anregendes Buch zum Thema Leitung.

Sein Buch ist in 10 Kapiteln unterteilt. Im ersten Kapitel „Gegen den Strom schwimmen“ fordert er dazu auf, Kraft aus der Stille zu suchen. Die Fähigkeit zu entscheiden und richtig zu handeln kommt aus der Stille (vgl.:14). Leiter müssen auf Jesus hören, indem sie die Stille suchen. Dafür braucht es „Mut zur Stille“, wie er in Kapitel 2 ausführt. Das Ziel von Leitung ist es, anderen zu helfen: „Sie sind hier, um anderen zu helfen, ihr Bestes zu geben und ihr volles Potential auszuschöpfen, und um dem Zweck und Ziel Ihrer Organisation, welcher Art auch immer, näherzukommen“ (:26). „Erfolg ist dabei nicht das Ziel“ (:27), denn wir wissen nicht immer genau, was Erfolg ist und auch Misserfolge können lehrreich sein. Es geht für ihn nicht darum, nach außen hin „wichtig“ zu wirken, sondern die Vision zu leben (vgl.:31). Dafür muss ein Leiter immer wieder die Ruhe suchen, um so ein „Ruhepol im Strudel der Ereignisse“ zu sein (vgl.:32). Im 3. Kapitel „Wer rastet, der rostet“, macht er deutlich, dass zum Rasten Disziplin gehört und Rost sich dadurch nicht ansetzt. Der Leiter ist nicht Nabel der Welt und auch Wohl und Wehe hängen nicht allein von ihm ab (vgl.:35). Er schlägt daher das tägliche Gebet vor (mit Dank für scheinbar „schwierige Personen“) und einen Stille-Tag im Monat, um vor Gott zu reflektieren (Kontemplation). Dort legen Leiter das „Fundament aus Raum und Zeit“ (vgl.:40).
„Das Offensichtliche aussprechen“ ist das Thema des 4. Kapitels. „Die Aufgabe des Leiters ist es, Wege zu finden, um das Offensichtliche auszusprechen. Er hat den Auftrag, die Vision zu artikulieren und die Gemeinde oder Organisation, die er leitet, immerfort an ihre grundlegenden Werte und ihren Daseinszweck zu erinnern“ (:43). Sagen reicht dabei nicht immer – oft sind auch prophetische Handlungen der Tat nötig. Der Leiter muss den Blick von den Bäumen zum Wald wenden. Dafür muss er beim Ziel anfangen, also von der Zukunft her denken, um so den Weg bestimmen zu können (vgl.:49). Er verkörpert dabei die Vision. „Jedes Mal, wenn der Leiter spricht, wird den Menschen der Daseinszweck der Organisation wieder gegenwärtig“ (:49). Oft muss der Leiter nur an die vorhandene, verschüttete Vision erinnern und die Umsetzung fördern. Dabei gibt es mehrere Handlungsoptionen. Der Leiter muss dafür sorgen, dass „ein“ Weg eingeschlagen wird, weil man nicht alle gehen kann. Die Vision muss mit allen erarbeitet werden (vgl.:52). „Zu viele Köche verderben den Brei“, ist die Überschrift von Kapitel 5. Cottrell entlarvt scheinbar gerne allgemein bekannte Sprichwörter. Er kontert: „Die erste Faustregel lautet: Wenn Sie wollen, dass Menschen ihre Vision teilen, dann erlauben Sie ihnen, sie mitzugestalten. Es ist Ihre Aufgabe als Leiter die Vision zu artikulieren, aber Sie müssen sie nicht immer auch selbst erträumen“ (:55), weil sie nämlich oft schon latent vorhanden ist. Daher geschieht die Erarbeitung gemeinsam mit anderen. Die Leiter sind am besten, die genug Selbstsicherheit und Ruhe besitzen, um der Visionsdebatte Raum zu geben. „Wenn man bei der Findung von Vision und Umsetzung den Erkenntnissen und Meinungen anderer Raum gibt, dauert es vielleicht länger, bis eine Einigung zustande kommt. Aber wenn dann schließlich etwas beschlossen wird, wird das Engagement dafür viel größer sein“ (:56). Das Risiko, dass der Brei verdorben wird, ist da, aber der Glaube daran, dass jedes Mitglied der Organisation Begabungen und Leitungstätigkeiten hat und einbringen wird, ist der Gewinn. Organisationen brauchen Leiter, die Pfadfinder für die Organisation sind. Die Leiter müssen von den Mitgliedern geachtet werden, auch wenn sie beim Leiten Fehler machen. Ihr Ziel muss es sein, die Leiter zu leiten.
Kapitel 6 lautet: „Kümmere dich nicht um ungelegte Eier“. Manchmal ist die Vision nicht groß genug. Cottrell rät groß zu träumen. „Die Leiter sind die Hüter der Vision. Sie sind oft, aber nicht immer auch deren Urheber, und sie haben die Aufgabe, den Blick der Menschen in die Ferne zu richten und ihre Erwartungen zu steigern“ (:66). „Die Leitung einer Organisation jeder Art gleicht heute eher dem Steuern eines Schiffs bei unruhiger See als dem Lenken eines Wagens auf der Autobahn … Wegen den sich ständig ändernden Winden und Strömungen muss man immer wieder kleine Richtungsänderungen vornehmen, damit man nicht vom Kurs abkommt“ (:66f).
„Das Rad neu erfinden“, dafür plädiert Cottrell in 9 von 10 Fällen. Ein eigenes Rad passt besser zur eigenen Situation, fördert Kreativität und stärkt das Engagement der Mitarbeiter. „Das Neuerfinden von Rädern fördert also die Moral und Leistung, dauert aber länger“ (:77).
In Kapitel 8 lautet Cottrells Rat: „Das Dicke Fell abstreifen“. Ein guter Leiter ist mit den Zielen und Werten seiner Organisation so verkörpert, dass er auch die damit verbundenen Schmerzen mehr fühlt, als jeder andere. Trotzdem ist ein Leiter nicht das, was er arbeitet. „Auch wenn wir unseren Beruf als Berufung ansehen, müssen wir zwischen uns als Person und unserer Rolle im Arbeitsleben unterscheiden“ (:82). In der Rolle als Leiter kann man entscheiden anders aufzutreten als man es in der Familie tun würde („hier muss der Bischoff von Reading ran“). Es gilt, in Rollen zu denken. In der Leitungsrolle leite ich meine Organisation mit Herz. Dazu gehört auch die Verletzungsgefahr, die Teil jeder Leitungsaufgabe ist. Gute Leiter erhalten sich ein fleischernes Herz. „Sie wissen, dass das Wichtigste die Vision ist. Deshalb vertrauen sie anderen Menschen, suchen nicht ihren eigenen Vorteil und lassen sich regelmäßig von ihrer Vision neu begeistern. Sie öffnen sich ihr und machen sich verletzlich. Sie lassen sich von ihr ermutigen und zurechtweisen“ (:87f). Es gilt in einer Organisation richtig mit den Beziehungen umzugehen. „Ein Unternehmen ist erfolgreicher, wenn die Gefühle der Beteiligten echte Beachtung finden und angemessen mit ihnen umgegangen wird. Und auch sie als Leiter werden viel weniger unter Druck stehen“ (:87). Ein bewusst bewahrtes, dünnes Fell ist ein Zeichen von emotionaler Intelligenz. Cottrell fasst dann seine Ausführungen über den für ihn idealen Leiter zusammen (:88f). Jesus ist als dienender Leiter das Vorbild.
Es folgt „Ein letzter Gedanke“ in Kapitel 9. Wenn etwas wert ist gemacht zu werden, dann sollte man es auch machen, auch wenn es schlecht wird (Chesterton). Erfolg darf nicht zum Gott werden. Nach Misserfolgen muss weiter gemacht werden. Die Vision ist es wert. Er verweist dann noch auf das Gleichnis von den Bäumen, in Richter 9,8-15. Dann bietet er in Kapitel 10 „Das ganze Buch, kurz zusammengefasst“. Hier stechen zwei Aussagen über Leiter für mich noch mal heraus: „Sie schaffen Übereinstimmung, aber sie haben keine Angst, wenn nötig, Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen, die immer die Vision und die vereinbarten Werte widerspiegeln. … Gute Leiter schaffen effektive Teams. Die besten Leiter machen sich selbst überflüssig“ (:95f).

Fazit: Ein sehr kompaktes, leicht zu lesendes und anregendes Buch über Leiterschaft. Es stammt aus dem europäisch-anglikanischen Kontext und berücksichtigt den Wunsch unsere Kultur nach einer gemeinsam erarbeiteten Vision und dem eher demokratischen Leitungsstil. Gleichzeitig macht er deutlich, dass der Leiter die Organisation führen muss. Das gefällt mir sehr gut.

15.12._Cottrell_Auf die Knie,fertig,los – die andere Art zu leiten

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English Ressources Gute Zitate Leitung

Gutes Zitat Nr. 30 / Brilliant Quote No. 30: Versöhnung

IMG_1265_klein„Wenn sie den Dienst der Versöhnung tun, arbeiten Führungskräfte mit Jesus zusammen. Jede Versöhnung ist in seinem Interesse.“

„If leaders do the ministry of reconciliation they work together with Jesus. Each reconciliation is in his interest.“

aus: Stockmayer, Johannes, Selig sind die Friedensstifter – Konflikttraining für christliche Führungskräfte, Verlag für Kultur und Wissenschaft, Bonn 2004, Seite 74

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Rezension: Der Minutenmanager und der Klammeraffe

blanchard_minuten+affenBlanchard, K. / Oncken, W. Jr. / Burrows, Hal, 14. Auflage 2015, Der Minutenmanager und der Klammer-Affe, Reinbeck: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 7,99 €, 120 Seiten
Unterhaltsam – lehrreich – witzig – affig.

Das Wichtigste in diesem Buch ist der „Affenvergleich“. Um diesen zu erzählen, bauen die Autoren die Rahmenhandlung. Es geht um einen völlig überarbeiteten Manager, der sehr viel vom Minutenmanager lernt.

„Ein Affe ist der nächste Schritt (:24).“ „Jeder Affe hält zwei Menschen in Atem: einen, der ihn bearbeitet, und einen, der auf ihn aufpaßt (:27).“ „Je mehr man sich die Affen seiner Leute vom Leibe hält, desto mehr Zeit kann man seinen Mitarbeitern widmen (:49).“

Deshalb braucht es das Affen-Management: Chef und Mitarbeiter müssen so lange miteinander spreche, bis jeder Affe seine Grundausstattung hat (vgl.:53f):

  • Regel 1 – Eine Definition: Die nächsten Schritte werden festgelegt – der Mitarbeiter ist zuständig – seine Aktivität steht im Mittelpunkt – die Motivation wird gestärkt
  • Regel 2 – Einen Besitzer: Der Affe wird einem Mitarbeiter zugeteilt – „Alle Affen gehören auf die unterste Organisationsebene, auf der ihr Wohlergehen garantiert ist (:61).“ Paradoxon: Mitarbeiter scheinen zunächst die Lust zu verlieren, wenn man von ihnen Höchstleistungen erwartet. Aber klar ist auch, dass Mitarbeiter die Leiter respektieren, die das Beste aus ihnen herausholen wollen und sie fördern (vgl.:63f). „Man kann Menschen nur dadurch zur Verantwortlichkeit erziehen, daß man ihnen Verantwortung überträgt (:66).“
  • Regel 3 – Versicherungspolicen: Das Risiko wird abgedeckt – Mitarbeiter brauchen Handlungsfreiheit bei der Bearbeitung ihrer Affen (vgl.:70f). Es gibt zwei Policen: 1. Vorschlagen und dann handeln – damit der Mitarbeiter keinen schwerwiegenden Fehler macht / 2. Handeln und dann informieren – für sichere Mitarbeiter. Beide Seiten können sich über die Policen abstimmen. Letztlich ist der Leiter der Entscheider. „Soviel Freiraum wie möglich und soviel Kontrolle wie nötig (:74).“ Ermutigen zu Police 2 – Verlangen von Police 1.
  • Regel 4 – Futter und Untersuchungstermine: Zeit und Ort für eine Nachuntersuchung werden bestimmt (:53). Der Erfolg des Unternehmens ist von vielen kleinen richtigen Schritten (Affen) abhängig und muss daher regelmäßig kontrolliert werden. Daher empfiehlt es sich immer eine Kontrolluntersuchung auszumachen.

Wichtig ist, dass nur Affen behütet werden, die auch eine Lebensberechtigung haben. „Affen sind nicht Projekte oder Probleme, sondern immer das, was bei einem Projekt oder einem Problem als nächster Schritt getan werden muss (:55)“.

Beim Delegieren geht es dann um die Verantwortung für eine Affenhorde (Projekt) und nicht nur um einen einzelnen Affen (Schritt). Um Horden abzugeben, braucht es Coaching. „Sinn des Coachings ist es, in die Ausgangsstellung für das Delegieren zu kommen (:91).“ Delegieren kann man erste, wenn eigene Bedenken überwunden sind, wenn meine Mitarbeiter wissen, was sie zu tun haben, sie die nötigen Ressourcen haben, die Kosten und der Zeitrahmen auch angemessen eingehalten werden können. Je engagierter die Mitarbeiter, desto leichter kann ich delegieren.

Weiter spricht Blanchard von drei Zeiten, die ein Manager hat: chefbestimmte Zeit (was der Leiter von mir fordert), systembestimmte Zeit (Dinge, die das System mit sich bringen), selbstbestimmte Zeit (wichtigste Zeit, in der man sich entfalten kann – aber auch hier muss man aufpassen, dass sie nicht von den untergebenen Mitarbeitern besetzt wird, also „mitarbeiterbestimmt“ wird, sondern dass es genug frei verfügbare Zeit gibt, um langfristig zu planen).

Noch ein gutes Zitat: „Wenn Sie und Ihr Chef immer einer Meinung sind, ist einer von Ihnen überflüssig (:101).“

Fazit-Zitat: „Meinen Erfolg messe ich heute daran, wieviel meine Mitarbeiter tun, nicht, wieviel ich selbst erledige. Glücklicherweise beurteilt meine Vorgesetzte mich nach demselben Grundsatz.“ (:113)

Ein sehr erhellendes und lustiges Buch für Leiter, die mit Mitarbeitern zusammenarbeiten und diese fördern wollen und durch die Förderung von möglichst vielen Mitarbeitern die Organisation entwickeln möchten.

15.12._Blanchard u.A._Der Minutenmanager und der Klammeraffe

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Gute Zitate Leitung

Gutes Zitat Nr. 29: Bewunderung

IMG_1250_klein„Es gibt kaum etwas was der Verbreitung eines risikofreudigen Experimentiergeistes (und damit der Entwicklung von Kreativität) stärker im Wege steht als die Bewunderung des „genialen Leiters.“

Christian A. Schwarz
aus: Schwarz, Christian A., 2013, Die drei Farben der Leiterschaft, Seite 112

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Kirche/Gemeinde Leitung Mitarbeiterführung

Leadership vs. Management?

Gibt es eigentlich einen Unterschied zwischen Leadership und Management? Leadership vs. Management?
Manche Autoren machen den auf. Hier zum Beispiel: http://www.one4change.de/2008/10/leadership-vs-management-2/

In dem unten aufgeführten Artikel wird die Unterscheidung gemacht, dass ein Leader mehr die Menschen im Blick hat und man ihm freiwillig folgt. Ein Manager hat mehr die Organisation im Blick und hat Untergebene. Siehe http://www.leadership-management.ch/unterschied-leadership-%E2%80%94-management/

In dem Artikel aus dem Harvard Business-Manager sieht man die Sache m. E. schön realistisch:
http://www.harvardbusinessmanager.de/heft/artikel/a-620896-druck.html

Die Artikel sind alle schon etwas älter. Ich bin überhaupt erst auf den vermeintlichen Unterschied gestoßen, weil er im Buch von Böhlemann & Herbst „Geistliche Leitung“ (2011) erwähnt wird (:26). Ich würde sagen, es gibt keinen echten Unterschied. Es gibt nur unterschiedliche Situationen, Kontexte und Ressourcen. Und es gibt unterschiedliche Menschen, mit persönlichen Präferenzen und Gaben. Wenn sich eine Organisation erlauben kann, neben einem Management noch einen bezahlten Vorstand einzustellen, kann man ja gerne die Unterscheidung treffen.
In Gemeinden und Kirchen würde ich die Unterscheidung machen, wie sie schon bei der Berufung der Diakone in Apg 6,4 gemacht wurde. Die für die geistliche Ausrichtung einer Kirche verantwortlichen Leute müssen im Gebet und in der Lehre aktiv sein. Und dennoch ist ja auch die Strategie einer Kirche eine geistliche Ausrichtung, wenn man die richtigen Dinge machen will. Das Reden Gottes und die Lehre der Schrift sollen auch die Strategie bestimmen.

Irgendwie ist die Diskussion also müßig. Sie macht aber deutlich, dass es in der Leitung immer darauf ankommt, die geistliche Situation im Blick zu haben, die Menschen im Blick zu haben, mit denen man arbeitet und die Zielerreichung der Organisation zu verfolgen.