Gordon, Thomas, Die Managerkonferenz – Effektives Führungstraining, München: Wilhelm Heyne Verlag 192005
3,5 von 5 Punkten
19 Auflagen sagen schon mal ziemlich viel aus. In den USA erschien es 1977 und in Deutschland 1979. Das Buch ist ein Klassiker der Führungsliteratur. Die Taschenbuchausgabe mit 316 Seiten gibt es für € 8,95. Das ist echt wenig Geld für den guten Inhalt.
Thomas Gordon hat den Erziehungsbestseller „Familienkonferenz“ geschrieben und wendet diese Erkenntnisse auf eine Führungsperson an. Ein Schwerpunkt liegt auf der „Jeder-gewinnt-Methode“. Das Buch umfasst 12 Kapitel. Meine Rezension ist anhand der Kapitel aufgebaut unter die ich die mir jeweils wichtigen Zitate und Inhalte aufführe.
Kapitel 1: Wie wird man ein effektiver Führer? „Ein Schlüssel zur Führungseffektivität ist die Fähigkeit, Menschen zu beeinflussen, ohne von der eigenen Macht Gebrauch zu machen.“ (:25)
Kapitel 2: Wer führt, ist noch kein Führer. „Tatsächlich hat es aber keiner geschafft, der eine Führungsrolle übernimmt. Das ist erst der Anfang.“ (:29) „Wenn sie zum Leiter einer Gruppe werden, führt das unvermeidlich zu bedeutsamen Veränderungen in Ihrer Beziehung zu den Mitgliedern der Gruppe.“ (:30) Gordon verweist hier darauf, dass Sozialwissenschaftler „… die Führungsrolle als Interaktion zwischen Führern und Gefolgschaft zu verstehen begannen.“ (:34) Jeder Mensch ist auf der Suche nach Befriedigung seiner Bedürfnisse. „Menschen schließen sich also Gruppen an, weil sie hoffen, dass sie dadurch in den Besitz zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse gelangen. Umgekehrt verlassen sie Gruppen, wenn ihre Bedürfnisse nicht mehr befriedigt werden … Menschen folgen einem Führer (und lassen ihre Aktivitäten von ihm steuern), wenn sie der Auffassung sind, er werde ihnen verschaffen, was sie brauchen oder wünschen. Daraus folgt, dass ein Führer seine spezifische Rolle nur ausfüllen und behaupten kann, wenn die Gruppenmitglieder das Gefühl haben, sie könnten ihre Bedürfnisse befriedigen, in dem sie >dem Führer folgen<.“ (:35) Gordon stellt fest, dass auch der Führer Bedürfnisse hat und die Organisation, die zum Führen berufen hat. Er spricht in diesem Zusammenhang vom Dilemma des Führers. Hier verweist er auf die Maslow-Pyramide (:41) und stellt fest, dass ein Führer die Bedürfnisse höherer Ordnung befriedigen muss. Ebenso muss er als Problemlöser auftreten können. Probleme resultieren nach Gordon ebenfalls aus mangelnder Bedürfnisbefriedigung, entweder beim Führer oder beim Mitarbeiter. Es gilt festzustellen, wer das Problem besitzt. (:56).
Kapitel 3: Sie können es allein machen – oder mit Hilfe der Gruppe? Gordon rät, dass ein Führer bei der Problemlösung immer die Hilfe der Gruppe in Anspruch nehmen sollte. Er schläft die Bildung eines Managementteams vor. „Die Bildung eines Managementteams ist der sicherste Weg, für eine stete Weiterentwicklung der Mitarbeiter zu sorgen.“ (:63) Hier werden hierarchische Unterschiede aufgehoben: „So kommen wir zu der paradoxen Feststellung, dass effektive Führer ganz wie Gruppenmitglieder handeln und effektive Gruppenmitglieder ganz wie Gruppenführer.“ (:66) Problemlösung muss dabei immer als Prozess verstanden werden.
Kapitel 4: Techniken, die Mitarbeitern helfen, ihre Probleme zu lösen. Ein Führer muss Menschen dazu bringen, ihre Probleme zu erkennen. Als Tool schlägt Gordon hier das aktive Zuhören vor. „Die ganze Kunst des >aktiven Zuhörens< besteht darin, dass der Empfänger dem Sender die Ergebnisse seiner Dekodierung häufig und fortlaufend rückmeldet.“ (:80) Ziel ist es, Verständnis füreinander zu bekommen, auch wenn man vielleicht in der Sache nicht zustimmen kann.
Kapitel 5: Zuhören in der alltäglichen Praxis. Beim Zuhören spielen Gefühle eine Rolle, bisweilen auch sehr starke. Hier rät Gordon: „Wenn Führer sich klar machen, dass starke Gefühle nicht für alle Ewigkeiten gelten, werden sie weniger Angst vor ihnen haben und mehr Konstruktivität im Umgang mit ihnen entwickeln.“ (:103) Wichtig ist es zum Kernproblem vorzudringen: „Die Probleme der Menschen sind wie Zwiebeln – sie bauen sich in Schichten auf … Aktives Zuhören hilft dem anderen wirksam dabei, über das vordergründige Problem schließlich bis zum Kernproblem vorzudringen.“(:106)
Kapitel 6: Wie Sie sich in der Konfrontation mit Mitarbeitern verhalten. Wenn der Führer ein Problem mit dem Mitarbeiter hat, muss man die Konfrontation von sich aus suchen: „Wir brauchen also ein bisschen Mut, um uns selbst zu behaupten und den anderen entgegenzutreten.“ (:121) Hier setzt Gordon auf die Ich-Botschaft: Verhalten + Gefühle + Wirkungen (:128f). „Ich-Botschaften sind Hilfsappelle, und daraus erklärt sich ihre häufig erstaunliche Wirksamkeit.“ (:131)
Kapitel 7: Was können Sie für die Effektivität Ihres Managementteams tun? In diesem Kapitel geht es vor allen Dingen um die Gestaltung von Meetings, die nach Gordon unverzichtbar sind und entweder zur Information dienen oder der Problemlösung. Ein Problem ist aber erst mal nicht schlecht oder ungesund, sondern hilft einer Organisation sich zu entwickeln. Problem wird also sehr weit verstanden. Ab Seite 156 gibt es dann 17 hilfreiche Richtlinien für Managementmeetings. Das ist alles sehr praxisbezogen. Interessant finde ich besonders folgende Aussagen: „Die Gruppe und nicht der Führer sollte für die Tagesordnung verantwortlich sein.“ (:160). „Gruppen sollten immer sensibel für Tagesordnungspunkte bleiben, die nicht die ganze Gruppe angehen, und sie möglichst rasch einem Einzelnen oder einer Untergruppe übertragen.“ (:162). „Stimmen sie nie ab. Einzige Ausnahme: eine Abstimmung, die keine Entscheidung bringen, sondern nur zeigen soll, wie sie Gruppenmitglieder zu einem bestimmten Problem stehen.“ (:163) Weiter beschreibt er die Pflichten der Teilnehmer vor und während des Meetings und die Pflichten des Gruppenführers.
Kapitel 8: Konflikte: Wer siegt, wer unterliegt? Konflikte sind unvermeidlich. „Daraus ergeben sich zwei Aufgaben: Wir müssen herausfinden, wie wir die Zahl der Konflikte so gering wie möglich halten und wie wir die unvermeidlichen lösen können.“ (:174) Dazu führt Gordon jetzt zwei Techniken an: „Ich gewinne, du verlierst“ und „Du gewinnst, ich verliere“. Beide Methoden sind für ihn inakzeptabel. Er führt ihre Nachteile auf und geht auf den Einsatz von Macht ein.
Kapitel 9: Die Jeder-gewinnt-Methode: Wie aus Konflikt Kooperation entsteht. Diese Methode ist für ihn der Ausweg aus Konflikten, weil es keine Verlierer gibt. „Sie schafft eine Lösung, die zu gegenseitiger Bedürfnisbefriedigung führt, wo jeder gewinnt.“ (:209) Hier wird auf den Einsatz von Macht verzichtet. Es wird herausgestellt, dass zwei Personen einen Bedürfniskonflikt haben und ihn gemeinsam lösen wollen. Dazu sind sechs Schritte nötig (:228f): Problem erkennen und definieren / Alternative Lösungen entwickeln / Alternative Lösungen bewerten / Entscheidung treffen / Entscheidung bewerten / Anschließend Lösung bewerten. Schließlich verschweigt Gordon auch evtl. auftretende Probleme dieser Methode nicht (:234f). Wichtig dabei: Immer wieder muss der Führer bereit sein, auf seine Macht verzichten: „Die Macht des Führers zeigt sich nur in ihrem Gebrauch. Leider kann das Vertrauen und die Sicherheit, die ein Führer dadurch geschaffen hat, dass er jahrelang auf die Ausübung seiner Macht verzichtete, in einem einzigen Augenblick, in dem er dann doch zu dieser Macht greift, ernsthaft leiden.“ (:253)
Kapitel 10: Die Jeder-gewinnt-Methode innerhalb der Organisation. Hier geht Gordon auf Themen wie Arbeitgeber-Gewerkschaft oder Problemlösungen in größeren Gruppen ein.
Kapitel 11: Die periodische Planungskonferenz (PKK): ein neuer Ansatz der Leistungsbewertung. Gordon schlägt die PKK als zwei Wege-Konferenz vor, die vom Vorgesetzten und Mitarbeiter gemeinsam gestaltet wird: „Statt sich mit der Leistung in der Vergangenheit (mit dem, was bereits erbracht worden ist) zu beschäftigen, verlangt die PKK von dem Vorgesetzten und dem Mitarbeiter, sich auf die Leistung in der Zukunft (auf das, was erbracht werden kann) zu konzentrieren.“ (:283)
Kapitel 12: Einige Fragen von Bedeutung. Gordon fordert die Führungspersönlichkeit heraus, sich zu entscheiden, wie sie Beziehungen leben will: „Führer müssen sich entscheiden, welche Art von Führer sie sein wollen. Diese Wahl kann ihnen niemand abnehmen … Der Führungsstil, für den sie sich entscheiden, wird wesentlich darüber mitbestimmen, was für ein Mensch sie werden. Sie können keine klare Trennungslinie zwischen der Führungsrolle und Ihrem übrigen Dasein ziehen.“ (:300) Er schlägt ein Credo für Beziehungen vor (:305). Genauso muss entschieden werden, wie die Organisation und schließlich die Gesellschaft sein soll. „Wenn wir eine demokratische Gesellschaft wollen, brauchen wir eine demokratische Organisation, die ihrerseits auf demokratische Führer angewiesen ist. Diese verfügen über die notwendigen Techniken und Methoden, für alle Teile befriedigende Beziehungen zu Menschen herzustellen, die sie führen.“ (:308)
Fazit: Gordons Ansatz ist ein echter Ansatz für kongregationalistisch organisierte Kirchengemeinden. Die Techniken zur Problemanalyse und der anschließende Umgang mit Problemen und Personen finde ich sehr gut. Die Stärke liegt in dem grundsätzlichen demokratischen Ansatz. Diesen Ansatz bejahe ich ebenfalls. Ob der aber immer zu Ziel führt, weiß ich nicht. Ich glaube, man muss Führungsstile auch situationsbedingt wechseln und anpassen. Die Stärke an Gordons Stil liegt auf jeden Fall in der Befähigung zur Mündigkeit der Mitarbeiter und darin, dass ein Führer aufgefordert wird, Vertrauen zu bauen.