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Glaube/Nachfolge

Vertrauen trauen

Folgender Artikel war Grundlage meiner WhatsApp-Predigt zum Thema Vertrauen während der Corona-Zeit. Der Artikel selbst ist aber als solcher nie erschienen.

Vertrauen trauen

  1. Warum ich mich traue zu vertrauen

Vertrauen war für mich immer eine Selbstverständlichkeit. Ich habe eine gesunde Portion Selbstvertrauen, vielleicht, weil mir meine Eltern in (fast) allen Bereichen ein Grundvertrauen entgegengebracht haben. Misstrauen herrschte selten; im Gegenteil, es gab Vorschussvertrauen. Außerdem hatten meine Eltern, wie viele in unserem Bekanntenkreis, ein enormes Gottvertrauen. Man sprach davon, dass man dem HERRN vertraue und alles IHM anbefehlen wolle. Es gab viele Höhen, für die man Gott dankte, und Tiefen, in denen sich die Familie vertrauensvoll an Gott wandte und um Hilfe und Führung bat. Dies erlebe ich bei meinen Eltern bis heute. So hat sich in mir ein Urvertrauen entwickelt, mit dem ich bisher gut durchs Leben gekommen bin.

Natürlich ist mein Vertrauen schon enttäuscht worden, wenn auch zum Glück nicht allzu oft. Manchmal war mein Vertrauen zu naiv, und ich musste lernen, stattdessen produktiv-kritisch zu vertrauen: das heißt beides, Möglichkeiten und Grenzen, zu erkennen und Vertrauensseligkeit und Skeptizismus gut auszubalancieren.[1]

Ich kann vertrauen. Aber kann ich Vertrauen können? Oder muss ich mich immer wieder trauen zu vertrauen? Ich glaube, Vertrauen ist eine Daueraufgabe, und ich muss mich immer wieder trauen, jeden Tag und jeden Tag neu.

Für Vertrauen treten wir auch bei WERTESTARTER* ein. Es ist ein zentraler und wichtiger Wert für uns und unsere Partner. Auf unserer Webseite schreiben wir:

„Vertrauen zueinander bereichert unser Leben. Ohne Vertrauen kann der Mensch nicht leben. Vertrauen wird in der Kindheit gelegt und prägt das ganze Leben. Ur-Vertrauen ist die Grundlage des Lebens. Als WERTESTARTER* vertrauen wir auf die Versprechen Gottes. Er hat uns Menschen das Leben gegeben und vertraut uns seine Welt an. Wir ermutigen Menschen, sich Gott anzuvertrauen und das Leben zu entdecken.“

  1. Warum wir Vertrauen brauchen

Wir brauchen Vertrauen, weil es der Schmierstoff für gutes Zusammenleben ist. Menschen, die sich vertrauen, können viel erreichen. Wenn Eltern und Lehrer Kindern vertrauen und ihnen etwas zutrauen, werden Kinder sich gut entwickeln und zu selbstbewusste Persönlichkeiten. Eine Familie, die sich vertraut blüht auf. Teams, die sich vertrauen bewegen Großes. Ehepartner, die sich vertrauen bilden starke Duos und schaffen es ein Leben lang zusammenzubleiben und Familie zu gestalten. So werden Generationen gesegnet und geprägt. Wenn in einer Kirchengemeinde Vertrauen herrscht, kann die Arbeit gemeinsam positiv gestaltet werden. Wenn eine vorgesetzte Person ihren Mitarbeitenden vertraut, herrscht eine gute Arbeitsatmosphäre. Eine Gesellschaft, in der Vertrauen herrscht, ist eine angenehme Gesellschaft, in der es sich gerne lebt.

Wir vertrauen beim Arzt und trauen ihm die richtige Diagnose zu. Bei der Beauftragung eines Handwerkbetriebes vertrauen wir darauf, dass der Betrieb die Arbeit gut und fair erledigt. Wenn wir unser Auto in die Werkstatt bringen vertrauen wir darauf, dass bei der Inspektion auch nur das ausgetauscht wird, was wirklich kaputt ist. Für Firmen ist das Kundenvertrauen ein elementarer Wert, an dem sich Wohl und Wehe des Geschäftserfolg entscheidet.[2] Wenn der Arzt die falsche Diagnose stellt, das Handwerk pfuscht oder die Autowerkstatt zu viel berechnet, werden wir misstrauisch, bis hin zum Wechseln des Dienstleisters. Das Leben verlangsamt sich dadurch. Vertrauen wird immer wieder neu auf die Probe gestellt, auch um sich zu bewähren. Wenn es sich bewährt hat, fällt Vertrauen leichter und Entscheidungen können schneller gefällt werden.

Vertrauen oder auch Misstrauen wird in Krisen besonders spürbar. Dies zeigte sich zum Beispiel in der „Corona-Krise“. Welchem Experten soll man Glauben schenken und welchem nicht? Durch die mediale Präsenz der Krise wurden wir hin- und hergerissen. Auch Verschwörungstheorien und Endzeitprophezeiungen kamen auf und fielen – je nach Vertrauen in die Verbreiter – auf fruchtbaren oder nicht fruchtbaren Boden. Schließlich galt es, den gewählten Verantwortungsträgern zu trauen, dass sie die richtigen Maßnahmen ergreifen, um der Epidemie Herr zu werden. Dahinter steht die Frage, ob sich das Vertrauen rechtfertigt, das die Mehrheit des Volkes mit ihrer Wahl den politischen Entscheidungsträgern entgegengebracht hat. In Krisen wird Vertrauen enorm auf die Probe gestellt. Plötzlich gilt es, den „Anweisungen der Gesundheitsbehörden“ zu trauen. Weil wir selbst nicht alles wissen und können, müssen wir vertrauen und sind geradezu gezwungen zu vertrauen – bis dahin, dass wir letztlich gehorchen.

„Vertrauen ist der Anfang von allem“, wie eine deutsche Bank Mitte der 90er Jahre in ihren Werbespots betonte. Leider hat gerade diese Bank in den letzten Jahren viel Vertrauen verspielt und damit gezeigt: Vertrauen ist auch eine Ressource, die nicht ausgebeutet werden darf. Es ist ein hoher Wert, der, leichtfertig aufs Spiel gesetzt, droht, verloren zu gehen, ein Wert, der sich immer wieder neu beweisen muss.

Vertrauen oder Misstrauen ist ein Qualitätsurteil, das etwas über unser Verhältnis zu anderen Menschen aussagt – entstanden aus geschenktem Vorschussvertrauen, aus Vorurteilen oder Erfahrungen. Letztlich aber ist Vertrauen auch eine bewusste Entscheidung.

  1. Warum Gottvertrauen für Christen eine Beziehungssache ist

Christen – also Menschen, die Jesus Christus nachfolgen – sind Vertrauensexperten. Dieses Vertrauen – oder dieser Glaube – ist in der Beziehung zum lebendigen und dreieinigen Gott gegründet, den der Theologe Horst Georg Pöhlmann als Du-Glaube und Das-Glaube erkennt und dabei auf die Aussagen von Paulus in 1. Thessalonischer 4,14 und Römer 10,9[3] verweist.[4] Von diesen Bibelstellen her weitergedacht, bindet sich der Glaube demnach an die Person Gottes (Du), der entsprechend rettend handeln wird (Das).

In der gesamten Bibel sind die Begriffe Glauben und Vertrauen miteinander verwoben. Wer glaubt, vertraut, wer vertraut, glaubt. Die Sacherklärung in der Bibelübersetzung „Gute Nachricht Bibel“ fasst „Glauben (Vertrauen)“ so zusammen: „‘Glaube(n)‘ ist ein vieldeutig schillerndes Wort. Im Sprachgebrauch der Bibel bezeichnet es nicht ein Wissen mit geringerem Sicherheitsgrad, sondern das unerschütterliche Vertrauen auf Gott und seine Heilszusagen. Von solchem Vertrauen kündet schon das Alte Testament …, im Neuen wird es zum beherrschenden Thema. … Doch bleibt die Grundbedeutung von Glaube als Vertrauen auch hier immer erhalten.“

Es geht also nicht um grundloses oder blindes Vertrauen, sondern um Vertrauen aufgrund der Zusagen und des Verhaltens Gottes und der Bindung an ihn. Christen vertrauen nicht einer Lehre oder einer Tradition, die sich gemeinhin Christentum nennt. Christen trauen auch nicht – wenn man es zu Ende denkt – einem Buch, auf dem „Die Bibel“ steht. Sie trauen dem lebendigen Gott, dessen Wort sich in denen, die es aufschrieben, offenbart hat, und ihren Mitgeschwistern, die es auslegen.

Der Verfasser des biblischen Hebräerbriefes bringt das christliche Vertrauen in Hebräer 11,1 auf den Punkt: „Was ist denn der Glaube? Er ist ein Rechnen mit der Erfüllung dessen, worauf man hofft, ein Überzeugtsein von der Wirklichkeit unsichtbarer Dinge.“[5] Er verweist dann auf Vorbilder, deren Vertrauen in den biblischen Geschichten über Jahrhunderte hinweg dokumentiert wurde. Einige seien hier genannt: Abraham vertraute Gott und zog in ein neues Land. Er wird damit zum Vater des Glaubens (1Mo 15,6; Röm 4,11). Mose vertraute Gott und war mutig genug, in aussichtloser Situation vor den Pharao zu treten und anschließend das Volk aus Ägypten zu führen. Josua vertraute Gott und brachte Israel in das verheißene Land. Gerade die Beziehung zwischen Gott und Israel ist eine vertraute Beziehung, die sich auf die Erfahrung des Auszugs Israels aus Ägypten gründet.

Im Neuen Testament wird berichtet, wie Maria dem Erzengel Gabriel vertraute. Josef vertraute dem Engel im Traum und floh mit dem Jesuskind nach Ägypten. Es lässt sich hier erkennen, dass Glaube immer eine Gotteserkenntnis braucht. Wer nicht mit Gott rechnet, kann Gott nicht glauben und vertrauen.

Jesus vertraute dem Plan seines Vaters in einer seiner schwersten Stunden im Garten Gethsemane. Dies führte zu seinem Tod am Kreuz und zu dem Wunder seiner Auferstehung. Seit Jesu Himmelfahrt vertrauen Christen darauf, dass der Friedensbringer wiederkommt, und beten: Maranatha! (Herr komme bald!) Dieser Glaube an eine neue Welt, in der es kein Leid und keinen Tod mehr gibt, spornt Christen an, schon jetzt mit Worten und Taten zu handeln, die Welt zu verbessern und das Evangelium zu verkünden. Christen vertrauen darauf, dass diese neue Welt Wirklichkeit und damit alles gut wird.

Der christliche Glaube ist – so benennt es treffend der Pfarrer Hermann Hafner – beharrlich und insistierend. Er sei eine Grundausrichtung des Lebens, der anderen Grundausrichtungen gegenübertrete, „… etwa der Ausrichtung am Denken (Rationalismus), an der Erfahrung (Empirismus, Positivismus), am Gefühl (Romantik) etc.“[6] Er vertraut der Aussage Jesu, dass Gott demjenigen alles geben wird, der ihn und sein Reich in den Mittelpunkt stellt (Mt 6,30f).

Glauben oder Vertrauen bedeuten also im biblischen Sinn „… einen Zugang zur Wirklichkeit des Lebens und der Welt im ganzheitlichen Sinne zu finden, in der auch die Erkenntnis Platz hat, dass der Mensch sich als solcher nur im Verhältnis zu Gott begreifen kann“.[7]

  1. Warum es sich lohnt, sich zu trauen zu vertrauen

In diesem Sinne sind wir auch bei WERTESTARTER* unterwegs. Wir werben dafür, den christlichen Glauben kennenzulernen und sich vertrauensvoll an den lebendigen Gott zu wenden. Traue dich zu vertrauen! Wir setzen uns mit und für Menschen ein, die in ihrer Umgebung Gottvertrauen fördern, indem sie Menschen auf die Möglichkeit einer Beziehung zu Jesus Christus hinweisen. Denn wir glauben, dass Gott der Experte ist für das Leben hier und in Ewigkeit – und dem man deshalb sein Leben in gutem Glauben anvertrauen kann.

Schon der römische Schriftsteller Lucius Annaeus Seneca (etwa 4 v. Chr. bis 65 n. Chr.) sagte doppeldeutig: „Mangelndes Vertrauen ist nichts als das Ergebnis von Schwierigkeiten. Schwierigkeiten haben ihren Ursprung in mangelndem Vertrauen.“ Mit Gottvertrauen lässt sich diese Spirale durchbrechen. Deshalb haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, andere zu ermutigen, Kinder und Jugendliche vertraut zu machen mit diesem Gottvertrauen – und damit die Basis zu schaffen für ein gutes und gerechtfertigtes Vertrauen im Miteinander in Familien, in Teams, Gemeinden und in der Gesellschaft.

  1. Warum wir WERTESTARTER* Vertrauen wertvoll finden

In unserem WERTESTARTER*-Imagefilm sagen wir: „Wir leben von Vertrauen und doch wird Vertrauen oft missbraucht. Ohne Vertrauen kann der Mensch nicht leben. Wir als WERTESTARTER* fördern die christliche Wertebildung junger Menschen, damit sie würdevoll und mit Selbstvertrauen ihr Leben gehen können. Damit zum Urvertrauen Gottvertrauen hinzukommen kann.“

Wer vertraut, handelt aufgrund dieses Vertrauens. Wenn Menschen beginnen, Gott zu vertrauen, handeln sie nach Gottes Geboten und Werten – und geben dabei diese Werte an andere weiter. Wir WERTESTARTER* wünschen uns eine solche Weitergabe von christlichen Werten, denn wir vertrauen darauf, dass sie das Leben besser machen: für Große, Kleine, alle.

Veit Claesberg, April 2020

Literatur und Links:

[1] vgl. hierzu Mittelstädt 1971:308

[2] https://www.cognizant.com/whitepapers/the-business-value-of-trust-codex1951.pdf (11.03.2020)

[3] Römer 10,9: Denn wenn du mit deinem Munde bekennst, dass Jesus der Herr ist, und glaubst in deinem Herzen, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet, (LUTHER)

[4] Pöhlmann 1998:769.

[5] Neue Genfer Übersetzung

[6] Hafner 1998:771, vgl. auch Jesaja 50,10

[7] Burkhardt 1996: Das Große Bibellexikon Bd. 6:154

 

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