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100 Tage bin ich heute …

100 Tage… Gemeindereferent, bzw. Pastoralreferent, bzw. Pastor, bzw. Reverend, bzw. hauptberuflicher Mitarbeiter in meiner Gemeinde, der EFG Wiedenest. Und ich muss sagen, es fühlt sich gut an. Ich mag diese Gemeinde. Und sie hat soviel Potential. Und es läuft so viel Gutes in dieser Gemeinde. Und Gottes Reich kommt durch diese Gemeinde.

In diesen 100 Tagen habe ich bereits einiges gelernt und einiges ist mir wieder neu deutlich geworden. Hier mal lose zusammengeschrieben:

  • Fängst du wie ich in „deiner eigenen“ Gemeinde als hauptberuflicher Mitarbeiter an, ist der Berufungsprozess besonders spannend. „Alle“ kennen dich, du kennst „alle“ oder meinst das zumindest. Jeder kennt deine Stärken, aber auch deine Schwächen.
  • Was ich vorher ehrenamtlich geleistet habe, ist jetzt plötzlich mein Beruf. Für ehrenamtlichen Einsatz ist man in einer Gemeinde dankbar und wenn ich nicht mehr wollte, habe ich ihn eingestellt. Nun werde ich bezahlt. Ich „muss“ also auch Leistung bringen. Das fühlt sich anders an, ist aber nicht schlimm.
  • Wechselst du wie ich aus einem christlichen Werk und einer überörtlichen Tätigkeit in die Ortsgemeinde, musst du dich an die neue Kultur gewöhnen. Die Arbeitskultur in einem christlichen Werk gleicht mehr einer Firma. Eine Gemeinde ist mehr ein Beziehungsnetzwerk. Ich hatte tatsächlich nach ca. 80 Tagen eine Art kleinen Kultur-Schock, den man auch von Missionaren kennt.
  • Ich war vorher andauernd unterwegs. Jede Woche sah anders aus. Ich hatte einen ganz anderen Lebensrhythmus. Jetzt lebe ich wesentlich rhythmisierter. Das tut gut und ist familienfreundlich.
  • In der Gemeindearbeit ist alles direkter. Als überörtlicher Referent „fliegst du ein“ und „fliegst wieder aus“. Ob deine Veranstaltungen besucht werden oder nicht, entscheidet letztlich auch der „Markt“, bei allem geistlichen Anspruch, den eine christliche Organisation hat und braucht. In der Gemeinde gehören die Leute dazu, weil sie zur Gemeinde gehören. Das ist unmittelbarer und unausweichlicher. Eine Gemeinde ist wie eine Herde. Eine christliche Organisation wie ein Hirtendienstleister, mit Material, Beratung und Austauschtreffen.
  • Als überörtlicher Jugendreferent produzierst du eine super Predigt und hältst die an verschiedenen Orten. In der Gemeinde musst du vielmehr geistliche Impulse erarbeiten. Das fordert dich viel mehr und öfters. Ist aber cool.
  • Der Wechsel aus der Jugendarbeit ist natürlich auch zu spüren. Aber wir haben in unserer Gemeinde auch sehr viele Jugendliche.
  • Leute besuchen macht Spaß. Gerade ältere Leute freuen sich, backen Kuchen und man hört sehr bewegende und interessante Lebensgeschichten. Gott hat eine Menge Spuren in Biografien hinterlassen.
  • Was ich auch noch mal feststelle: eine Gemeinde ist selbstständig und entwickelt sich selbstständig. Ich glaube, konfessionelle Verbände sind wichtig, werden aber von ihren Funktionären manchmal überschätzt. Verbände arbeiten vor allen Dingen im Auftrag der Gemeinden und müssen diesen Auftrag im Blick behalten. Sie dürfen sich nicht auf der gemeinsamen konfessionellen DNA ausruhen. Dafür ist es wichtig, dass die Gemeinden den Auftrag der Verbände definieren. Das dürfte ein spannender Prozess werden.
  • Die Ortsgemeinde kann/soll als Organisation wirklich einen direkten Beitrag für ihren Ort haben und in den Ort wirken. Diesen Auftrag in meinem Ort zu finden, ist ein spannender Prozess. Gemeinde ist ein SEK Gottes.
  • Eine Ortsgemeinde ist aber nicht nur eine Organisation, sondern ein Organismus und sendet Menschen jede Woche aus in den Alltag. Gemeinde ist daher auch Tankstelle.
  • Und Gemeinde muss auch eine Gemeinschaft sein, die dich trägt. Es ist ein Netzwerk, ein doppelter Boden, in den man fallen kann, wenn eigene Seile reichen. Und Gemeinschaft darf auch Spaß machen.

Wahnsinnig froh bin ich, dass wir hier zu dritt im Team + Leitungsteam (Älteste) + EGL (Diakone) arbeiten. Das ist beruhigend, nordend, flankierend, motivierend, entlastend, bereichernd. I like it.