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Stanley: “Do for one what you wish you could do for everyone.”

Hier ein interessanter Ansatz von Andy Stanley zur symbolischen Leitung, der sicher auch hier und da Beziehungsprobleme mit sich bringt. Ich denke, er ist nur in sehr großen Arbeiten konsequent lebbar. Aber in Ansätzen ist er auch auf kleinere Kontexte übertragbar.
Ich habe die im Englischen mitgedachte weibliche Form von leader bei der Übertragung nicht berücksichtigt. Es ist eine freie Mitschrift der Podcast-Episode: Accessibility of a leader vom 06.04.2012 vom Andy Stanley Leadership Podcast: https://itunes.apple.com/de/podcast/andy-stanley-leadership-podcast/id290055666?mt=2Mein Feld ist die Welt“Do for one what you wish you could do for everyone.”
Die Erreichbarkeit des Leiters in einer wachsenden Organisation

In einer wachsenden Kirche oder Organisation steht der Leiter vor der Herausforderung, die Erreichbarkeit seiner Person zu managen.
In kleinen Organisationen ist der Leiter für alle erreichbar. Wird die Organisation größer, kann er nicht mehr für alle erreichbar sein. Kommt ein Leiter zu dieser Erkenntnis, muss er das System seiner Erreichbarkeit umstellen. Das kann sehr emotional sein, weil der Leiter Menschen sagen muss, dass er jetzt nicht mehr so stark oder sogar gar nicht mehr für sie erreichbar ist.
Der Leiter steht also in der unlösbaren Spannung zwischen dem Wunsch nach maximaler Erreichbarkeit und der Überforderung aufgrund von zu viel Erreichbarkeit. Er hat auch Bedarf nach mehr Zeit für wenige und tiefe Beziehungen. Will der Leiter nämlich für alle erreichbar sein, ist er eigentlich für keinen mehr richtig erreichbar, weil er keine Zeit mehr hat.
Gleichzeitig erreichen den Leiter aufgrund der Medien rund um die Uhr Informationen aus aller Welt und aus allen Szenen. Jeder Leiter muss also auch entscheiden, wie viel und welche Informationen er bekommen will. Die Spannung liegt hier zwischen dem Extrem alle Infos abzuschalten und wichtiges zu verpassen oder alle Information zuzulassen und den Kopf voll zu haben. Diese Spannung muss der Leiter managen.

Um die Erreichbarkeit in der Gemeinde von Andy Stanley zu managen, gibt es ein Motto in der Leiterschaft: “Do for one what you wish you could do for everyone.”
Er nennt das „symbolic leadership“ – symbolische Leiterschaft. Stanley sagt, dass diese Art des Umgangs von Leitern mit Menschen nicht fair ist. Aber das Leben ist nun mal nicht fair. Stanley sieht den Fairness-Gedanken aus der kindlichen Bonbonverteilung zu stark ins Erwachsenenalter übertragen. Man kann nicht alle gleich behandeln. Wenn ich diesen Anspruch habe, dann bin ich gelähmt und mache gar nichts mehr.
Dieser Wahlspruch erlaubt es Leitern involviert zu sein, aber eben nicht in allem. Für Pastoren ist das eine sehr schmerzhafte Erkenntnis. Der Pastor kann also nicht mehr alle Trauungen machen oder alle Beerdigungen. Aber er kann eine oder zwei machen. Er kann nicht alle Paare seelsorgerlich begleiten, aber ein Paar. Er kann nicht alle coachen, aber eben einige Personen. Diese Leute sind handverlesen. So bleibt der Leiter involviert. Aber der Leiter wird somit auch Leute enttäuschen. Das System ist nicht fair. “Dont`t try to be fair. Just make sure you stay engaged.”
Letztlich ist die Frage: Will der Leiter weniger Zeit mit vielen Leuten verbringen oder viel Zeit mit wenigen Leuten, die er aber stärker prägen kann.
Stanley gibt dann drei Tipps, um das Motto zu leben:

1. „Go deep rather than wide“ – Geh lieber in die Tiefe statt in die Breite, wenn du prägen willst.
2. „Go longterm rather than shortteam“ – Geh lieber die Langstrecke als die Kurzstrecke, um zu prägen. Auch in der Seelsorge.
3. „Give time not just money“ – Zeit ist das wertvollste, was ein Leiter hat. Wenn er diese Zeit mit Einzelnen teilt, ist das oft wertvoller als Geld.

Wenn man das Motto in einer Organisation lebt, entspannt das die Mitarbeiter. Es gibt den Mitarbeitern die Erlaubnis „Nein“ zu sagen. Es vermeidet gleichzeitig, dass Leute ganz aussteigen und den Kontakt zur Basis verlieren. Und gleichzeitig vermeidet es, dass Leute überall mitmischen und sich überfordern.

Laut Stanley ist die Wirkung in einer Organisation, die diesen Wert verinnerlicht hat, erstaunlich, weil die Mitarbeiter nicht mehr auf totale Fairness fokussiert sind, sondern auf Engagement. Es erlaubt mir zu entscheiden, wer meine Zeit bekommt. Ich brauche mich nicht zu entschuldigen, wenn ich meine Zeit individuell verteile. Ich tue etwas für einen, was ich gerne für alle machen möchte.
Von diesem Grundsatz profitieren letztlich die ganze Organisation und alle Menschen, die dazu gehören.
Stanley verdeutlicht das mit einer Geschichte von seinem Vater. Sein Vater wollte studieren. Er traf einen Pastor. Dieser Pastor investierte in den Vater und finanzierte ihm das Studium. Das hat er nicht für jeden getan. Aber in diesem Fall für den Vater von Andy. Und diesem einen Menschen hat es die Ausbildung ermöglicht. Dieser Pastor hat verstanden: “I can´t do it for everyone, but I can do it for one.” Der Pastor ging tief, ging lang, er gab Zeit und Geld.
Stanley hofft: „If everyone did for one what they which they could do for everyone, ultimately that can impact the entire world.”

übertragen von Veit Claesberg, Juni 2013

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